Naseweissrot
Theater­performance mit Akkordeon und Clown. Wurde für das Kaleidoskop Festival in Hessen 2022 ausgewählt.

Kritiken

Kaleidoskop Jury-Begründung
Genau so wünscht man sich die ersten Theatererlebnisse für Kinder! Clownin, Liora Hilb, und ihre Akkordeon-Spielerin führen ihr Zwiegespräch auf italienisch und akkordeonisch. Wer nun meint, das verstehe keiner, wird überrascht sein: Die Kinder begreifen genau, was da vor ihnen auf der Bühne verhandelt wird und erkennen sich und ihre Welt in den Spielen und Neckereien, der beiden wunderbaren Figuren. In einem Bühnenbild, das mit einfachsten Mitteln eine Zirkusarena erstehen lässt, werden poetische heitere Szenen gespielt. Dabei ist die musikalische Sprache des Akkordeons, das atmet, singt und ja, spricht!, ein gleichwertiger Partner, der mit für die Stimmungen und Emotionen sorgt.


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Nase trifft Akkordeon
Theaterhaus: La Senty Menti zeigt »Naseweissrot« für Kinder ab drei Jahren

Erst die rote runde Nase macht den Clown. Aber nicht jeder, der sich eine rote Nase aufsetzt, wird damit auch zum Clown. Das bekommen die jungen Gäste des Stücks »Naseweißrot« von Liora Hilbs Kindertheaterprojekt »La Senty Menti« im Theaterhaus deutlich vor Augen geführt. Denn der Mann mit dem großen Akkordeon (Vassily Dyck), der sich hier mit Liora Hilbs Clown die Bühne teilt, will Musiker sein und lehnt es vehement ab, sich so ein rotes Ding überzustülpen. Zusammen zeigen beide aber, dass sich auch zwei derart unterschiedliche Naturen verstehen können, wenn sie nur wollen, selbst wenn es lange gar nicht danach aussieht.

Zunächst freilich dauert es ein Weilchen, bis der große Mann, der sich da an seinem Instrument zu schaffen macht, überhaupt mitkriegt, dass er nicht alleine auf der Bühne ist. Er
sitzt auf einem hohen Hocker und lässt sein Akkordeon mal sanft, mal heftig schnaufen, indem er dessen mächtigen Balg drückt und walkt. Und während das mal wie ein friedlich
schlafender Opa klingt und dann wieder wie ein prustendes Nashorn, da fliegt doch über eine der beiden roten Stellwände im Hintergrund wie von Zauberhand ein kleiner roter
Schaumstoffball auf die Parkettbühne und rollt sich am Boden aus. Der nächste lässt nicht lang auf sich warten. Und nachdem der Musiker erst etwas stutzig reagiert, lädt und treibt er mit sich stetig anhebenden Tönen, die drei bis fünf Jahre alten Besucher zum begeisterten Mitzählen ein. Bis die kleinen roten wilden Bälle, die sich bald als fliegende Clownsnasen entpuppen, plötzlich auf ihn selber fliegen.

Da hält es denn auch der Verursacher dieses roten Ballregens nicht mehr in seinem Versteck aus: ein lachender schwarzgelockter Clown in einem weißen Kostüm, der sich ausgelassen von der Musik treiben lässt. Mit seinem schicken froschgrünen Rollkoffer vermag er sogar Tango zu tanzen. Und mit dem knallbunten Besen lässt er die Kinder Instrumente raten. Nur dem Akkordeonspieler wird das Ganze bald zu viel. Er fordert den Eindringling ziemlich mit Pfeif- und Akkordeontönen vehement zum Aufräumen auf – was so manchem der Kinder bekannt vorkommen dürfte.

Als dem tapsigen Clown dann auch noch der Koffer mit noch viel, viel mehr roten Bällen aufspringt, ist das Durcheinander perfekt. Aber ihm vergeht das Lachen nicht und er weiß mit seinem bunten Besen, mit Fingertheater und der nicht enden wollenden weißen Tuchfahne, die er aus der Hosentasche zieht, am Ende selbst den Musiker einzunehmen.
Darum, dass man sich verstehen kann, wenn man nur will, geht es also in dem von Célestine Hennermann inszenierten Stück, das vor einem halben Jahr uraufgeführt wurde und jetzte eine Wiederaufnahme Premiere in neuer Besetzung feiert.

Anstelle von Vassily Dück nimmt nun die Akkordeonisten Beate Jatzkowski den Platz auf dem Schemel ein, die dem Spiel natürlich ihre eigene Prägung geben wird, auch wenn sie sich nicht minder auffällig wie ihr Vorgänger von ihrer Clownspartnerin unterscheidet. Da ist dem La senty Menti Ensemble um Liora Hilb ein sehr warmes und abwechslungsreiches Stück gelungen:

Ein poetisches Kleinod (45 Min.) mit vielen zirzensischen Überraschungen gelungen.

Winnie Geipert


Frankfurter Neue Presse 19.02.2020


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