Weissnich
..und die Suche nach der eigenen Geschichte. Szenisch umgesetzt nach einem Kinderbuch von Joke van Leeuwen,

Kritiken

Frankfurter Rundschau, 05. November 2014, von Sylvia Staude

Theaterhaus Frankfurt ‚Weißnich‘

So ein Dings mit einem Dings dran

Liora Hilbs feines kleines Kinderstück „Weißnich“ im Theaterhaus Frankfurt.

Allein gegen Erst- und Zweitklässler: die Schauspielerin Liora Hilb alias La Senty Menti hat darin seit Jahren Routine. Für ihr jüngstes Solo für Kinder ab fünf hat sie sich die Regie-Unterstützung von Helga Zülch und von Werner Zülch, Bühnenbild, geholt. „Weißnich“ beruht zudem auf dem preisgekrönten Buch Joke van Leeuwens. Ein Mädchen findet darin den immer nur „Weißnich“ sagenden Weißnich – in der jetzt im Frankfurter Theaterhaus uraufgeführten Inszenierung ist es ein herziger kleiner Stoffbär.

Blumentopfhut

Mit feschem Blumentopfhut bastelt Hilb „so ein Dings mit einem Dings dran“ (das Gedingse macht die Kinder vergnügt), wirft Bastelarbeit und -zubehör bald froh um sich, findet das arme Weißnich, das aus seiner Geschichte gefallen ist und zurück will zu Mama und Papa wie einst E.T. Aber aus welcher der Geschichten, die das Mädchen von seiner Mutter gehört hat, und die alle mit „Es war einmal…“ anfingen? Da ist so ein Schild, auf dem steht „Es war einmal!!!“, aber das Kind findet, das kann doch nicht sein, dass eine Geschichte nur aus „Es war einmal!!!“ besteht.

Mit zarter Poesie, aber auch Action – eine Krokodil-Erwähnung bringt ein Krokodil hervor, das niedergerungen sein will – wird nach hier und da abgeschweift. Ein Karton über dem Kopf ist ein dunkles Zimmer (aber auch im Theater wird es dunkel), eine Papiermaske genügt für den „einsamen Helden“. Aber der Hit ist, die Erwachsene staunt, in der Tat das Gedingse.


Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.11.2014

„Weißnich“: La Senty Menti im Theaterhaus Frankfurt

Die einzig wahre Geschichte

Mehr als ein klägliches „Weißnich“ kann das kleine Etwas nicht sagen, das eines Tages einfach so in das Leben des Mädchens plumpst. Nur das noch: Es sei aus seiner Geschichte gefallen. Einer, die mit „Es war einmal“ angefangen habe. Dumm nur, dass so viele Geschichten mit diesen Wörtern anfangen. Das Mädchen will helfen und macht sich für das kleine Weißnich auf die Suche nach dessen Geschichte, in der seine Mama und sein Papa auf ihn warten.

Joke van Leeuwen, eine der wohl bekanntesten Kinderbuchautorinnen der Niederlande, hat die Geschichten-Geschichte über „Weißnich“ im Jahr 2005 geschrieben und illustriert. Bilder und Text sind miteinander verwoben, es sind ein paar Dutzend Geschichten, die das Mädchen sucht und besucht. Oder, wie es nun in der Theaterfassung von Liora Hilb und Helga Zülch heißt, selbst macht. Hilbs Theater La Senty Menti hat sich mit Zülch, Regisseurin des Kasseler Aktionstheaters, zusammengetan, um aus den Bildgeschichten ein Theaterstück für Kinder von fünf Jahren an zu machen. Zu sehen ist es derzeit im Theaterhaus Frankfurt.

Notwendigerweise kann es weniger um die Bild-Erfindungen des Originals gehen, obwohl Hilb auch zum Stift greift. Der Schwerpunkt des knapp einstündigen Stücks liegt auf der Geschichte eines Mädchens, das mit Kopf, Herz und Händen versucht, eine Welt für das Weißnich zu entwerfen. Bildlich geht es dennoch zu: Ein übergroßer Tisch und ein übergroßer Stuhl sind die beherrschenden Requisiten (Jens Habicht), weniger, um aus der erwachsenen Schauspielerin ein kleines Kind zu machen, als vielmehr, um zu unterstreichen, wie aus etwas ganz Kleinem etwas Großes entstehen kann.

Das beginnt mit Tutu und Zirkusmarsch, doch gibt es kaum Stellen, an denen der spielerische Ernst, der etwas von Zauberei hat, der Niedlichkeit geopfert wird……

Umso mehr nutzt Hilb schlichte Objekte: Aus Pappe, Papier, Kleber, ein wenig Zucker und etwas Wasser baut das Mädchen Geschichten, spielt den Polizisten, kämpft mit einem fast echten Krokodil und erzählt die Geschichte von einem gelben Dings, das ein Dings dran hat, mit dem man so dingsen kann. Vor allem an diesen Stellen voll funkelndem Schabernack und blühender Phantasie, die Sprachwitz in Bilder verwandelt, lachen und jauchzen die Kinder im Publikum. Dort haben sie keine Mühe, sich von dem Mädchen im blauen Anzug (Kostüme und Bühne Zülch) ein X für ein U vormachen zu lassen. Das, so zeigt „Weißnich“ an den stärksten Stellen, kann schließlich ein ganz eigener Genuss sein.

emm.